Hyper Smash Kommunikation 21

Sonntag, 26. Juli 2015

Need for Speed

Der Hunger nach mehr Bandbreite findet seine Grenze nur in der Verfügbarkeit von Technologie. In einigen Gemeinden im Silicon Valley, wie Mountain View und anderen, hat der Kabelbetreiber jetzt sein neuesten Angebot auf den Markt gebracht. Surfen mit 2 gbit/s kostet USD 299 im Monat plus USSD 1.000 Aktivierungsgebühr. Man darf aber nicht weiter als 300 Yards von der Leitung entfernt wohnen, sonst lohnen sich die hohen Kosten für den Bagger nicht um das Glasfaserkabel bis ans Haus heranzubringen. Auch der Preis ist stolz, obwohl die Technologieanbieter doch immer wieder behaupten, dass die Kosten für Compute, Storage und Bandbreite gegen Null tendieren.




Eine einfache Rechnung macht das plausibel. Im Jahr 2000 hatte ich 128 kbit/s ISDN für DM 50 oder €25, entsprechend lag der Preis umgerechnet für 1 mbit/s bei stolzen €200 im Monat. Jahre später kam dann DSL erst in homöopathischen Dosierungen, dann der Durchbruch im Kupfer mit ADSL und dann ging es weiter mit dem Glas. Sagen wir, das kostet heute als Konsumentenprodukt €40 für 100mbit, dann liegt der Vergleichspreis für 1 mbit/s bei € 0,40.  Konsumentenpreise verstehen sich immer nackig, ohne Management. Das bedeutet einerseits, dass man häufig nicht das bekommt, was man bezahlt, sondern weniger. Dafür kann man einen Speedtest machen, um das herauszufinden. Andererseits kann die im Falle eines Falles die Entstörung auch mehrere Tage dauern, ohne dass man den Anbieter in einen Regress wegen Folgeschäden nehmen kann. Bei Business-Produkten läuft das völlig anderes. Bei einem Luxusspitzenprodukt wie Comcast wird am Anfang noch ordentlich draufgeschlagen und hier liegt der Vergleichspreis für 1 mbit/s bei € 0.30. Einschließlich Anschlussgebühren € 4.000 im Jahr für Internet auf den Tisch zu legen, werden sich nur die Wenigsten leisten wollen.

Samstag, 20. Juni 2015

Sprout


Beim 3D-Drucken kommt schnell die Frage auf, was wichtiger ist: der Drucker oder eine Datei, die man auch ausdrucken kann? Auch wenn die heutigen 3D-Drucker noch recht langsam sind und nur wenige Materialien, die zudem noch nur einfarbig sind, ausdrucken können, wird sich die Technologie sicher schnell weiter entwickeln. Nur: was soll man ausdrucken? Geht es um irgendein zerbrochenes Kleinteil im Haushalt oder um die Legofigur, so muss irgendwo die Datei herkommen. Abhilfe schaffen Bibliotheken wie Thingverse von Makerbot oder andere, die über eine beliebige oder belanglose Sammlung von irgendwelchen 3D-Gadets verfügen.



Man könnte natürlich auch einen 3D-Scanner auf dem Schreibtisch haben, mit dem man sich seine eigenen 3D-Druckvorlagen ohne Probleme erstellen könnte. HP hat mit dem SPROUT zumindest den ersten Schritt in diese Richtung gemacht. Dieses Gerät besteht aus einem normalen Monitor, darunter einem fest verbundenen Tablet und darüber, ebenfalls fest verbunden, einem Aufsatz, der als Scanner dient. Der Scanner liest 2D und 3D, wobei der Scanvorgang wirklich fix ist. Die heutige Schwäche wäre noch, dass das erzeugte 3D-Scanabbild noch nicht geeignet ist, ohne einen weiteren Bearbeitungsvorgang als Druckvorlage zu dienen. Was nicht ist, kann ja noch werden.

Samstag, 6. Juni 2015

Watson kann (nicht nur) kochen

Watson kann auch kochen oder zumindest das Rezeptbuch schreiben. Watson braucht dafür möglichst viel unstrukturierten Input in Form von Rezeptbüchern, die er dann in den Dimensionen möglicher Zutaten und möglicher Zubereitungsarten zerlegen kann. In meinem Fall strickte Watson daraus ein Rezept für ein Desert – siehe Foto. Die Erstellung von Rezepten erfolgt dynamisch über Parameter. Meine nächste Wahl fiel auf „Watson, ich möchte indisch essen, etwas mit Huhn, nicht so scharf und nicht traditionell, sondern modern“. Watson erstellte eine plausibel erscheinenden Rezept, das wir dann aber nicht gekocht haben.

Das ist dann auch der große Unterschied zu den bisherigen Search-Technologien. bei Google und Co. geht es darum, mit der Eingabe von Suchbegriffen eine Liste von Fundstellen im unstrukturierten Internet zu erstellen, deren Reihenfolge in einem zweiten Schritt nach komplexen Verfahren festgelegt wird. Watson hingegen verwendete mehr als hundert integrierte Technologien, die darauf angelegt sind, eine im semantischen Sinne natürliche Frage in seine Bestandteile zu zerlegen (meine Frage nach einem indischen Rezept) und die Antwort daraus nun durch das Durchsuchen von massenhaften und unstrukturierten Daten zu erzeugen.

Wo könnte man sowas einsetzen? Natürlich dort, wo Menschen auf unstrukturiert artikulierte Frage eine möglichst genaue Antwort erwarten, bespielsweise an einem Flughafen oder einem Bahnhofsschalter. Man könnte Watson natürlich auch mit Hanson koppeln und käme einer ziemlich natürlichen Interaktion mit Computern schon einen ganzen Schritt näher.

Donnerstag, 14. Mai 2015

Google Beyond Corp

Google möchte die Prinzipien der IT-Security auf den Kopf stellen und will seine eigene Enterprise-IT, a.k.a. seine ERP-Systeme, offen ins Internet stellen. Schließlich ist man ja ein Internet-Unternehmen und muss das Netz nehmen, wie es es ist: offen eben, von überall erreichbar und kreuzgefährlich. Das klingt für die einen banal und für manche andere wie ein Aprilscherz. Heute betreiben alle Firmen und Verwaltungen Ihre abgeschlossenen und gesicherten Netze und platzieren vor den kritischen Geschäftssysteme mächtige Firewalls, die nur authentifizierten und autorisierten Traffic durchlassen.



Lässt man diese Schranken fallen, braucht man theoretisch auch keine Domains mehr, vielmehr will Google den Weg gehen, den Aspekten der Security benutzerzentrisch Rechnung zu tragen. Das bedeutet, dass abgeprüft wird, welcher User mit welcher Device auf welches System welche Zugriffsrechte hat. Das erfordert einerseits eine enorm hohe Integrations- und Automatisierungsleistung bei den sich ergebenen hochgradig nicht trivialen Abhängigkeiten, andererseits kann mit Mechanismen gearbeitet werden, die wir aus der Zugangskontrolle zu Cloud-Applikationen bereits kennen. Gängige Praxis dort sind beispielsweise schon heute die Zwei-Faktor-Authentifzierung, lokationsabhängige zusätzliche Sicherheitsabfragen oder eingeschränkte Vertrauensstellungen für Geräte mit unzureichenden Patchständen des verwendeten Betriebssystems.
Rory Ward und Betsy Beyer beschreiben diesen revolutionären Ansatz in Ihrem Paper mit dem passenden Titel "Beyond Corp". Unter dem Strich ist es dann völlig unerheblich, ob ein User das ERP-System aus einem Büro, von einem öffentlichen Internet-Cafè oder von einem privaten Tablet benutzt.

Sonntag, 9. November 2014

Sticky Fingers 9. November 1989

Vor 25 Jahren beim Mauerfall begann auch schleichend die Digitale Revolution. Ich hatte 
am 9. November einen der coolsten Jobs in der damals ehemaligen Hauptstadt und war Filialleiter vom größten Plattengeschäft Berlins - WOM World of Music in der Augsburger Straße. Der Vordereingang ging durch Wertheim am Kudamm. Am nächsten Morgen war ich sehr früh in der Stadt, nur wenige Anzeichen deuteten auf Veränderungen, aber ich wusste, das würde sich im Laufe des Tages ändern. Hier und da parkte ein Trabi mit Ostberliner Kennzeichen am Kudamm und ich sah Leute mit BVB-Uniform. Im Laufe des Tages wurde es dann voll, sehr sehr voll. Alle bewegten sich sehr langsam, wie in Zeitlupe, wie um "den Westen" ganz langsam zu erkunden und zu begreifen. Platten wurden gekauft, keine CDs. Wir entschieden uns, Ost-Mark anzunehmen, 1:10 stand der Kurs auf dem Schwarzmarkt vor dem Bahnhof Zoo und wir stellten eine eigene Kasse auf einen Tresen. Die meistverkaufte Platte war Sticky Fingers von den Stones.Viele zahlten mit Tränen in den Augen 100 Ostmark (umgerechnet DM 10 oder ein Zehntel eines normalen Monatslohns) für die Scheibe. Die CBS hatte das Teil auf Nice Price und der echte Reißverschluss im Pappcover machte was her. Kreditkarten nahmen wir alle, manuell und mit dem Ratscher. Aus dem Osten gab es natürlich keine. Immerhin hatten wir schon zwei Computer, ich hatte einen mit DOS 3.0 oder 4.0 (das weiß ich nicht mehr so genau) und so schönen schwarz-weiß-Programme wie Visio für die Tabellenkalkulation und einen Word-Editor (Name vergessen). In der Warenannahme hatten wir eine PC, um die Bestände und die Bestandsmargen zu erfassen. Zur - heute würde man sagen - Vernetzung hatte ich den damaligen Chefs in München ein Fax aus dem Kreuz geleiert (wozu brauchst Du das denn? Das kostet DM 2.500 - kommt nicht in Frage), aber damit konnte ich schon einiges in der Supply Chain beschleunigen. Bestellt wurde telefonisch oder beim Vertreter, die großen Plattenfirmen hatten alle kleine Auslieferungslager in Westberlin. Der Rest des Jahres 1989 war ein einziges großes Abenteuer - wie lange und wann würden wir heute öffnen, welche Währung zu welchen Kurs annehmen, welche Ware beschaffen um welche zu verkaufen (verschenken von echten Remittenden hatte auch Hochkonjunktur)? Ja, das war Change! Der Mantel der Geschichte wehte durch die Straßen von Ostberlin und Westberlin und es war ganz bestimmt eine mächtig geile Zeit.