Hyper Smash Kommunikation 21

Samstag, 5. November 2016

WoW #4 – Führung


Quelle: Aaron Sachs und Anupam Kundu, Thoughtworks, Aspire.com


Unabhängig von der Frage nach den richtigen Räumen und den richtigen Kommunikations-medien gehört zur Einführung von agilen Arbeitsweisen auch die Neuausrichtung in Führung und Verhalten. Aus den klassischen Hierarchien mit den übereinander-liegenden Führungsebenen werden Netzwerke. Die Keimzelle der agilen Kultur ist das Scrum-Team, in dem alle Funktionen gebündelt sind, die für die Erstellung funktionsfähiger und potentiell auslieferbarer Software erforderlich sind: Business Analyst, Architekt, Coder, Tester und erweitert um die Komponenten DevOps auch diejenigen, die die kontinuierliche Application Operation leisten. Aus einer früheren Kontrollfunktion wird in Scrum der Scrum Master, der die Frage stellt, wie Impediments beseitigt werden können, die den Arbeitsfortschritt behindern.

Im agilen Manifest heißt es, dass das Reagieren auf Veränderungen wichtiger ist als das sture Befolgen eines Planes. Dafür benötigt es eigenverantwortlich handelnde Mitarbeiter, die in einer fehlerverzeihenden Kultur den bestmöglichen Weg nach vorne finden. Es dauert seine Zeit und viel Überzeugungsarbeiten, bis gewachsene Silokulturen, die auf dem Zurückhalten von Informationen beruhen, offene Teams werden, die ihr Wissen in Collaboration Tools und Knowledge-Management-Systemen teilen. Funktionierende Software ist uns wichtiger als Dokumentation bedeutet natürlich, das ausreichend dokumentiert wird, aber eben nicht mehr auf privaten Laufwerken, sondern auf allgemein zugänglichen Wissenssystemen, die angereichert von automatisierten Übersetzungssystemen „on the fly“ das Wissen auch über Sprachgrenzen hinweg zugänglich machen. Wissen ist der einzige Rohstoff, der wächst, man ihn teilt. Zuerst führt aber Aaron Sachs und Anupam Kundu den Übergang von rein profitgetriebenen Unternehmen zu visionsgeführten Unternehmen als große Veränderung im agilen Mindset an. Dr. Warschawski am Zentrum fürUnternehmensführung in Zürich ist dafür eine anerkannte Kapazität. Die coolste Vision hatte Elon Musk, als er erklärte, er wolle der Menschheit den Weg zum roten Planeten bahnen.

Freitag, 4. November 2016

WoW #3 – Prozesse und Verantwortung



Ein Schlüssel für mehr Produktivität in modernen Arbeitsumgebungen ist die Einführung von „Shared Desks“. In diesem Konzept wird der 1-zu-1 Bezug von Mitarbeiter zu Schreibtisch aufgehoben. Früher wurde versucht, über die Möblierungsfrage solche Konzepte einzuführen, aber die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen wurde nicht erkannt. Alles, was digitalisiert werden kann, muss in digitalen Prozessen organisiert werden. Erst der komplette Entfall von Papier macht uns zusammen mit der Virtualisierung der vollständigen Kommunikationstechnologie ortsunabhängig. Ein „Shared Desk“ kann jetzt mit einer größeren Eigenverantwortung des Mitarbeiters kombiniert werden. Das Ziel der Arbeit ist die Leistungserbringung und nicht die zeitlich kontrollierte Anwesenheit an einem bestimmten Ort. „Shared Desks“ werden modern und ergonomisch zur Verfügung gestellt. Motorbetriebene Höhenverstellbarkeit, einheitliche Docking-Stationen, blendfreies LED-Licht und geräuschdämmende Werkstoffe auch für Boden und Decke sind Pflicht.

Mit einheitlichen Notebooks, Tablets und Smartphones wird die Auflösung der Ortsbezogenheit unterstützt. Nun können für alle verbindliche und transparente Home-Office-Regelungen eingeführt werden, die vor allem von Mitarbeitern mit langen Pendlerzeiten gerne angenommen werden. Die Teamzugehörigkeit kann über Team-Bases erreicht werden. Das sind in einem großen Bürogebäude designierte Flächen mit „Shared Desks“ für Teams. Erfahrene Führungskräfte stimmen sich mit Ihren unmittelbaren Nachbarn ab und legen Pflichttage für die Präsenz auf unterschiedliche Wochentage, so dass „Shared Desks“ in Nachbar-Teambereichen zum Ausgleich zur Verfügung stehen. In einem solchen Modell werden wenigen Arbeitsplätze vorgehalten, als es Mitarbeiter gibt. Statt Buchungssystemen wird die ausgeglichene Belegung über gegenseitige soziale Kontrolle erzielt. Man muss sich mehr untereinander austauschen und nicht darauf warten, dass ein Chef schon alles organisieren wird. Gleiches gilt für Besprechungsräume. 

Zur Ermöglichung des kurzfristigen der auch spontanen Miteinanders gibt es Ein-Mann-Telefonkabinen zum Stehen, Zweier-Räume mit Glaswänden für Gespräche unter vier Augen, Besprechungsräume für 4, 8, oder 12 bis 20 Personen, Räume mit (digitalen) Whiteboards aber ohne Stühle für Stand-Ups aller Art und auch in jeder Etage eine Küche. Auch hier prägt das Wort die Methode. In einer Küche bin ich selbst verantwortlich für Ordnung und Funktionsfähigkeit bis hin zur Frage, wer die Spülmaschinen ein- und ausräumt. Vergleichsweise würde man in einem Café Bedienpersonal für all diese Aufgaben erwarten und sich selbst entsprechend verhalten. Kurz – im Konzept WoW geht die Flexibilisierung der Arbeitswelt mit einem weit höheren Maß der Selbstorganisation und damit mehr Verantwortung einher. Das bringt den Spaß – ist aber auch im Übergang für viele gewöhnungsbedürftig.

Donnerstag, 3. November 2016

WoW #2 – Digitale Kommunikation





Digitale Kommunikationssysteme haben in Unternehmen eine lange Evolution durchlaufen, die auch noch lange nicht zu Ende ist. Am Anfang stand die heute noch immer unverwüstliche Email, die zusammen mit den geteilten Kalenderfunktionen den Arbeitsalltag organisieren kann.  Zeitgleich zum Internet entwickelten sich Intranets, zentrale Dateiablagesysteme, Wikis und Soziale Medien in vielen Varianten. Die Sprachtelefonie wurde durch die Umstellung auf VoIP zu einem gebündelten System, das mit Personenverzeichnissen und Kalender gekoppelt werden konnte, um auch Räume und weitere Ressourcen digital verwalten zu können. Videosystem gibt es heute in vielen qualitativ abgeschichteten Varianten – vom 1-1 Gespräch von Notebook zu Smartphone oder in höherwertigen Qualitäten zum Verbinden von Besprechungsräumen oder dem Teilen von Desktops bis hin zu Konferenzräumen, die mit HD-Kameras und HD-Bildschirmen die Illusion der direkten Zusammenarbeit über Städte und Kontinente hinweg ermöglichen. Die vertikale und horizontal saubere Integration dieser Systeme ist für eine hohe Akzeptanz unerlässlich.

Ein Schlüssel für die „digitale Collaboraton“ sind digitale Geschäftsprozesse, bei denen Papier am besten gar nicht mehr vorkommt. Da, wo unerlässlich, sollte Papier aber nur noch ein möglicher Eingangspunkt sein, wobei das Quelldokument nach Vollständigkeitsprüfung gleich vernichtet werden sollte. Am anderen Ende des Prozesses kann ein Stück Papier auch ein mögliches Teilergebnis eines Prozesses sein, da möglicherweise aus formalen Gründen noch eine Unterschrift erforderlich ist. Digitale Geschäftsprozesse sind gestaltbar und messbar. Auf dieser Basis kann man die Prozesse verbessern (Business Process Management), man kann sie in der Effizienz messen und steuern (Business Activity Monitoring) und man kann Teile herauslösen und an anderen Stellen erbringen (Business Process Outsourcing). Letzteres wird nur funktionieren, wenn neben dem eigentlichen Prozess auch das zum Prozess gehörige Wissen dokumentiert ist und mehrsprachig gepflegt wird. Automatische Übersetzer bieten sich für eine globale Zusammenarbeit an. In der laufenden Evolutionsstufe werden diese Systeme immer tiefer integriert, wobei zunehmend auch externe Unternehmen über Schnittstellen mit eigenen Unternehmensprozessen verbunden werden. Bei Lieferantenprozessen gibt es hierzu die eingeschliffenen Begriffe und Prozesse unter dem Oberbegriff EDI, für Case-Management-Systeme gibt es keinen globalen Standard und man muss sich selbst an seine Definitionsarbeit machen. Chatbots sind digitale Assistenten, die in die Prozesse für die Erledigung von zunächst einfachen Arbeiten eingebunden werden können. In Kopplung mit Technologien aus dem „Machine Based Learning (MBL)“ können Bots aber auch zunehmend komplexere Aufgaben rund um die Uhr erledigen, ohne müde zu werden.

Mittwoch, 2. November 2016

WoW #1 – neue Arbeitsformen



Durch die Einführung von agilen Arbeitsweisen verändern sich auch die Anforderungen an moderne Büroumgebungen. Mitarbeiter sind in Stand-Up-Meetings oder Besprechungen oder arbeiten konzentriert allein oder arbeiten in Teams oder sind für Projekte an einem anderen Ort. Geht man dann durch seine eigenen Büros, hat man den Eindruck, dass nie mehr als die Hälfte aller Mitarbeiter anwesend ist, denn dazu kommen auch noch die durchschnittlichen Quoten für Urlaub oder Krankheit. Aus einer Organisationssicht ist diese doppelte Vorhaltung von Arbeitsplatzkapazitäten schlicht „Muda“ – ein Begriff aus dem japanischen Qualitätsmanagement für Verschwendung. Aus Mitarbeitersicht gibt die örtliche Gebundenheit an ein klassisches Vierer-Büro aber auch soziale Gebundenheit und Verortung. Dort stehen die Familienfotos oder finden sich die Andenken an berufliche Meilensteine in Form von Urkunden oder Pokalen. Der berufliche Status wird gezeigt und repräsentiert. Gleichzeitig wird aber über zunehmende Raumnot geklagt, über zu lange Wege zu Besprechungen oder anderen Teams, über die zunehmende Flut von digitaler Kommunikation über eine unüberschaubare Anzahl von Kanälen, die alle um Wichtigkeit und Aufmerksamkeit buhlen und schließlich gibt es noch das gute alte Tischtelefon, das klingeln könnte und deshalb schon lange auf Anrufumleitung steht. Kurz – die Produktivität sinkt.

Montag, 30. November 2015

Agiles Kampfflugzeug im Wasserfall

Foto Krasimir Grozev [Lizenz CC BY-SA 3.0}
Ein Kampfflugzeug besteht aus jeder Menge unterschiedlicher und integrierter Hardware und einer ganzen Menge an Software, die alles zusammenhält und die Flug- und Kampffähigkeit herstellt. 

Wird bei einem Eurofighter die Steuerungssoftware abgeschaltet, fällt der Flieger im Prinzip wie ein Stein vom Himmel. Ein wichtiges Designprinzip für dieses Jagdflugzeug war die gewünschte aerodynamische Instabilität, da hiermit die Manövrierfähigkeit des Flugzeuges gesteigert werden konnte. 

Die Instabilität bewirkt, dass bei Einwirkung bereits kleinster Kräfte, ausgelöst beispielsweise durch Veränderung der Anstellwinkel der Vorflügel, der Rumpf der Maschine in einer Kurve wegkippt. Bei dicken Fliegern mit Segelflugeigenschaften muss man dafür per Energieeinsatz erst einmal das Trägheitsmoment der Masse überwinden und verliert dadurch Zeit, die man in einem Dogfight gegen eine gegnerische Maschine nicht hat. Erstaunlicherweise verhält sich der Eurofighter im besten Sinne des Wortes AGIL, obwohl die Konzepte bereits aus den sechziger und siebziger Jahren stammten. 

Im August 1985 wurde der offizielle Startschuss gegeben und im Juni 2003 wurde das erste seriengefertigte Modell vorgestellt. Der Zeitraum für die Phasen „Plan“ und „Build“ von satten 18 Jahren klingt nun aber nicht agil, sondern eher nach einem üppigen Wasserfall. Als Wasserfall bezeichnen wir träge und strikt sequentielle Methoden der Softwareentwicklung. 

Tatsächlich beträgt heute die Cycle-Time für einen Major Release für die Eurofighter etwa 10 Jahre. Als Cycle-Time bezeichnen wir die Zeitspanne, die zwischen der Erfassung der Kundenanforderung bis zum Einsatz der Software in der Produktion vergeht. Diese lange Zeitspanne ist auch auf die komplexe Abstimmung zwischen den Beteiligten zurückzuführen, die sich aus der dezentralen Fertigung der Komponenten ergibt. 

Für die Durchführung des Einsatzes werden 40 Computer benötigt, die mit einem Glasfasernetz miteinander verknüpft sind. Natürlich hat sich die Computertechnik auch hier in den letzten zwanzig Jahren dramatisch weiterentwickelt und so werden heute Einsätze geflogen, bei denen ein iPad an einer Seite an das Cockpit montiert wird und an der anderen Seite auch ein Blackberry mitfliegt. Die Möglichkeit für neue Einsatzoptionen ergibt sich aus den Fortschritten in der Softwareentwicklung. Dabei gibt es aber für unterschiedliche Abnehmerländer unterschiedliche „Branches“. Beispielswiese ist die Fähigkeit zur Bekämpfung von Bodenzielen („Air To Ground“ – ATG) bei den britischen Eurofightern bereits produktiv implementiert. 

Da es aus Deutschland die höchsten Anforderung (oder auch die meisten Wünsche) gab, aber anschließend die wirtschaftlichen Mittel gestrichen wurden, kann die Luftwaffe ihre Eurofighters heute noch nicht gegen Bodenziele einsetzen.