Hyper Smash Kommunikation 21: Mai 2017

Samstag, 27. Mai 2017

2/2 - Digitalisierung und Sozialismus in Vietnam

Reisebericht Vietnam

Eine Reise nach Hanoi ist ein bischen wie Zeitmaschine. So könnte es 2017 auch in Ost-Berlin aussehen, wenn wir die friedliche Revolution nicht gehabt hätten. Am Lenin-Denkmal ist die sozialistische Welt noch in Ordnung. Die Ehrenkränze stehen ordentlich vor dem Denkmal auf dem großen Platz. 

Wir fahren an einer großen Schule vorbei. Kinder mit weißen Blusen oder Hemden mit roten Pionier-Halstüchern paradieren in der Pause,

Das Ho-Chi-Minh-Mausoleum wirkt wie eine Kopie des Roten Platzes in Moskau. Die rote Mauer des Kreml-Palastes fehlt und alles ist zwei Nummern kleiner. Auf der anderen Seite des Platzes steht auch kein GUM, aber dafür kommen wie in Moskau viele Familien in Sonntagskleidung auf den Platz, um Onkel Ho ihre Referenz zu erweisen.

Wenn wir mal schnell ein Foto posten, dann stehen die meisten Ressourcen. Das Internet in Vietnam ist viel offener als das vom Nachbarn China. Die Google-Produkte funktionieren nur sehr langsam - kein Problem gibt es mit der Palette der Mircosoft-Dienste. Ich habe meine Search-Engine von Google auf Bing umgestellt und alles lief flüssig.




Geht man mobil ins Internet, führt kein Weg an Viettel vorbei. Das ist der einzige Anbieter im ganzen Land und wird praktischer weise gleich von der Armee betreiben - so braucht man wenigstens keine Tarnfirma dazwischen zu schalten. Viettel gehört zu den am schnellsten wachsenden Mobilfunkfirmen der Welt.

Eigenständige Digitalisierung gibt es in Vietnam nur von oben - sprich von Staats wegen. So plant man für das Überwachen des chaotischen Verkehrs die Einführung einer zentralen Überwachung einschließlich der vollständigen Überwachung und digitale Erfassung aller Nummernschilder im Straßenverkehr. Ein Lieblingsvorhaben des Verteidigungsministeriums ist das "Projekt AI", da dem Ministerium wohl gedämmert ist, dass das Land auf stark verbesserte IT-Security dringend angewiesen ist.

Historisch steht man dem Nachbarn China unerklärt abweisend gegenüber. Daher gibt es keine sichtbare Präsenz der großen chinesischen Platzhirschen im Internet wie Baidoo, WeChat, JD oder Didi Chuxing.

So geht man im sozialistischen Vietnam einen eigenen Weg in der digitalen Gesellschaft. Es ist eine Mischung aus Staatsbetrieben und US-Unternehmen unter Ausblendung der chinesischen Anbieter. Nennenswerte Privatbetriebe in der IT-Wirtschaft gibt es nicht, auch wenn die Regierung in Hanoi gerne verkündet, dass man sich von Facebook und Co gerne unabhängig machen wollte, in dem man seine eigenen vietnamesischen Portale startet. Es sieht so aus, dass es eine gewisse Lücke zwischen dem digitalen Anspruch und der harschen Wirklichkeit gäbe.


Freitag, 26. Mai 2017

1/2 - digitale Reiseerlebnisse in Vietnam

Reisebericht Vietnam

Heute ist wieder ein Reisetag und wir fliegen mit Vietnam Airlines (VN) von Da Nang nach Hanoi. 

Ich versuche, auf mehreren Kanälen online einzuchecken, aber dies misslang, da VN einen antiquierten Flashplayer auf seiner Online Seite verwendet.

Vietnam steht auf dem Weg zur Digitalisierung noch sehr am Anfang. Die Hotels haben es am ehesten verstanden und fragen beim Check-Out nach positiven Bewertungen auf TripAdvisor oder Booking.com.

In Saigon gibt es ÜBER oder GRAB, in den weiteren Städten ist davon aber nichts zu finden. Die ganze Wirtschaft ist Papier basiert. Das fängt bei den Geldscheinen an, geht über die Zettelwirtschaft bis zu Papierformularen aller Art.

Ob im Hotel oder beim Schneider, Informationen, die digital übermittelt wurden, werden erst mal per Hand in Papierkladden eingetragen und abgearbeitet.

Kostenloses und ungesichertes WiFi ist hingegen überall zu finden, sogar in Netzen, die die ganze Stadt abdecken, wie in Hoi An. Dafür sind diese Netze langsam wie die Schneckenpost.

Manchmal entsteht aus dem Vor-digitalen eine Geschäftsidee, so bei baolau.vn. Da die vietnamesische Eisenbahn keine ausländischen Kreditkarten akzeptiert, schaltet sich baolau davor und ermöglicht gegen Gebühr die Online Buchung über ein Interface.

Noch ist man nicht so weit, dass in den Preisen eine Kreditkarten Gebühr inkludiert wäre. Zahlt man mit Karte anstatt mit Bargeld, werden in der Regel 3 % Aufpreis fällig, die entweder per Hand oder per Taschenrechner ausgerechnet werden.

Auch eine elektronische Registrierkasse sieht man nirgends. Ob in Läden oder in Restaurants, die Buchungen werden alle per Hand auf Zetteln vorgenommen. Vermutlich existiert eine größere Schattenwirtschaft zum Missfallen des Finanzamtes.

Es gibt ein paar wenige einheimische Internet-Plattformen wie Zalo.vn, ansonsten dominieren US-Dienste oder Lösungen aus anderen Südost-asiatischen Ländern: http://m.english.vietnamnet.vn/fms/science-it/173286/internet-economy-yet-to-take-off-in-southeast-asia.html#

Meine Einschätzung: der Grad der Digitalisierung der Gesellschaft in Vietnam entspricht Deutschland vor dem Jahr 2000. Asiatische Länder wie Indien oder Thailand sind Jahrzehnte voraus, am weitesten fortgeschritten dürfte Südkorea sein - mit einem Vorsprung von 5 Jahren auf Deutschland.

Donnerstag, 25. Mai 2017

Fake-Daten in politischen Hacks

Kurz vor seiner Wahl zum neuen französischen Präsidenten wurde das Wahlkampfteam von Emmanuel Macron gehackt. Ein Pseudonym mit den Namen EMLEAKS postete 9GB Daten auf Pastebin, darunter sehr viele eMails aus einer Vielzahl von Accounts.

Soweit ist die Story ähnlich wie bei dem Hack auf die eMails von Hillary Clinton, der den Ausgang der letzten Wahl in den USA stark beeinflusste. Die Medien kamen Wochen und Monate nicht aus der Puste, um über diesen Fall zu berichten.

Doch bei Emmanuelle Macron passierte das nicht, denn sofort nach Bekanntwerden meldete das Wahlkampfteam, dass die Hacker jede Menge Fake Daten untergemischt und veröffentlicht hätten. Und so warnte die staatliche Wahlkommission die Medien, Details zu den Daten zu veröffentlichen, da das Weiterverbreiten von Fake-Daten strafrechtliche Konsequenzen haben könnte.

Die politische Konkurrenz von Front National schloss vermeintlich messerscharf in einem Tweet, dass durch die Vermischung von echten und falschen Daten in den #macronleaks der investigative Journalismus vorsätzlich beerdigt worden sei.


Es sieht so aus, dass durch das vorherige Vermischen von echten mit falschen Daten die mächtige Waffe des „hack-to-publish“ stumpf geworden ist.

Sonntag, 14. Mai 2017

WannyCry verschlüsselt NHS

90% aller PCs beim NHS in UK liefen im Dezember 2016 noch auf XP - alleine in den Londoner Krankenhäusern waren das noch über 10.000 Maschinen.

So machten Hacker in der Nacht vom 12. auf den 13. Mai 2017 fette Beute, als sie den Virus namens WannaCry global ausspielten und die Festplatten von hunderttausenden PCs verschlüsselten, darunter auch die der NHS.

Hier ein Video über das Muster und die Dynamik der weltweiten Verbreitung von WannyCry.



Verschlüsselt wurden Maschinen mit Windows-Betriebssystemen. Infiziert wurden auch neuere Installation, aber mit Patchständen vor April 2017 oder ältere Versionen des Betriebssystems. Die XP-Maschinen sind schon seit 2014 nicht mehr im Support. Es ist schon verwunderlich, wie große Institutionen oder Unternehmen gewarnt, doch völlig unbesorgt, in eine solche Katastrophe stolpern und danach meinen, irgendwie wären andere an ihrer Misere schuld.

In den letzten Monaten sah ich XP noch im Einsatz bei weltweit großen Autovermietern oder Tankstellenketten.

Hier eine Überschlagsrechung: wären 200.000 PCs betroffen und würde für 10% das Entschlüsselungsentgelt von $300 bezahlt, hätten die Hacker jetzt $ 6 Mio. in der Tasche. Nicht schlecht für einen (1) Exploit. Davon gibt es tausende, die meisten in den Händen von von Geheimdiensten, Institutionen und Großunternehmen