Hyper Smash Kommunikation 21: Mon dieu - Ende einer Ära

Mittwoch, 16. Januar 2013

Mon dieu - Ende einer Ära

Mon dieu - Virgin Megastore an der Champs-Elysee in Paris ist pleite. Anfang der Neunziger war ich dort zur Einarbeitung zum Store-Manager. Das war schon ein cooler Laden in einer imposanten Lage mit einer riesigen echten Tresortür im Untergeschoß, hinter der sich die Klassik-Abteilung verbarg.

Virgin Megastore an der Champs-Elysee (c) Google-Streetview

Beim Chefeinkäufer kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hinter seinem Schreibtisch gab es ein hohes Stahlregal mit Bergen von Papierkatalogen der verschiedenen Label von der Sorte, wo jeweils Miniaturcover neben Interpret und Titel abgedruckt sind. Staunen - was machst Du denn damit? Ja, damit schicke ich meine Verkäufer durch die Regale und dann notieren wir neben dem Bildchen den Marktbestand. Anschließend geht es ins Etagenlager. Auf jeder Etage gab es einen tiefen Raum, eher eine schlauchartige Katakombe, in der in hohen Regalen Berge von CDs im praktischen 25er-Kartönchen gelagert wurden. Das Handlager für den Verkauf. Da notieren wir dann die zweite Zahl. Und dann?, fragte ich und ahnte nichts gutes. Ja, dann schicken wir die Kataloge ins Außenlager an der Stadtrand. Nicht Dein Ernst - was macht ihr denn da? Da schreiben wir die dritte Zahl auf - das sind dann die großen Bestände im eigentlichen Lager. Nicht zu fassen - und dann? Dann kommen die Kataloge wieder auf die Champs-Elysee und wir lassen die Abverkaufslisten ausdrucken. Und dann  entscheiden wir pro Zeile, wie viele CDs wir in den nächsten 2 Monaten wohl verkaufen. Und wie oft macht macht ihr das?  Na, wenn  wir gut sind, kommen wir einmal im Monat rum. Na dann mal los.

So war das im Zeitalter der analogen, zeitlich und räumlich versetzten Kommunikation, ähm, ich meine Disposition. Wenigstens war der Inhalt des Medienträgers schon digital. Patrick Zelnik hieß der Chef im Ring damals und man hörte, der Laden hätte noch nie einen Centime verdient. Aber cool war's schon - alle Medien von Buch über CD, Video, Spiele plus Cafe über sieben tolle Etagen unter einem Dach in einer der Top-Touri-Fallen von Paris.

Nach diesem Ausflug in die Steinzeit ging es dann weiter mit dem etwas steifen aber erstmals digitalen Freund namens "Elvis", aber das ist eine andere Geschichte für Virgin-Insider. Mit den großen Plattenläden verhielt es sich ähnlich wie mit Dampflokomotiven: die schönsten baute man am Ende ihrer Ära.

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