Hyper Smash Kommunikation 21: Das mechanisierte Herz

Samstag, 27. Oktober 2012

Das mechanisierte Herz



Neben einer tragenden Säule im Erdgeschoß klaffte ein großes Loch im Betonboden. Jede Menge Kabel verschwanden ins darunter gelegene Verkaufsgeschoß. Nur die Telefonanlage fehlte noch. Ich wusste, dass der Auftrag erst letzte Woche unterschrieben worden war. „Indeed, a store of this size should have a telephone system. That would be a good idea“, sagte der Bauleiter. 




Virign Megastore Berlin 1991, Kudamm 15
die linken beiden Schaufenster waren der Eingang

Wir befinden uns im neuen Virgin Megastore in Berlin im Jahr 1991 und ich bin der Store Manager auf seinem ersten Rundgang durch den neuen Laden – dem ersten in Deutschland. Zwei Etagen, 1.500 m², Kudamm 15. Gary hat ein Mobiltelefon in Form eines Werkzeugkoffers dabei, das er mit beiden Händen schleppen muss. Der Hörer ist mit einem Spiralkabel mit dem Kasten verbunden. Ziemlich klobig, aber in der Tat mobil. Ich sage, er solle die Bodenöffnung noch offenlassen, da erst noch die Kabel für die Telefonanlage gezogen werden müssen. „Mein Sohn, morgen betoniere ich das Loch zu – ich habe schließlich einen Plan“. Ich bestehe darauf, dass erst die Kabel gezogen werden. Er entgegnet „Wenn Du mich aufhalten willst, musst Du durch den ganzen Prozess im Head Office in London laufen. Die Chance hast Du aber nur theoretisch, das wirst Du nicht schaffen“. Ich bin verblüfft – „und dann?“. „Wie gesagt, morgen betoniere ich und wenn Du ein Loch brauchst, dann musst Du einen Change Request stellen“. Ich war wieder verblüfft – „und dann?“. „Na, dann bohre ich Dir daneben ein neues Loch für Deine Telefonanlage“. So geschah es. Merke: wer ein Unternehmen lenkt, in dem ein mechanischer Prozess wichtiger ist als die Menschen, mechanisiert die Herzen und schaltet den gesunden Menschenverstand zuverlässig aus. 

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