„Vier
Sheriffs zensieren die Welt“ textet reißerisch „Die Zeit“ um Google und Co
an den Pranger zu stellen. Der Redakteur unterstellt, dass Google und Co Inhalte
zensiert, weil es Suchergebnisse nach bestimmten Kriterien sortiert oder dass
Facebook schnüffelt, weil es immer wieder seltsame Fragen an seine Nutzer
stellt. Leider findet sich kein Wort dazu, in welch hohem Maße solche
Plattformen von seinen Nutzern zur Artikulation und zur Kommunikation verwendet
werden. 1 Milliarde Posts am Tag auf Facebook lassen darauf schließen, dass noch nie so
viele so vieles schriftlich mitgeteilt haben (siehe „Die
Renaissance der Verschriftung“). Doch wie viel wird davon gelesen? Laut Sturgeons Gesetz ist
90% von allem sowieso Mist – und diese Einsicht hatte er bereits 1951. In der
bemerkenswerte Studie „The
Social Economy“ hat sich das US-Beratungsunternehmen McKinsey auch der
Beantwortung dieser komplexen Frage gewidmet:
Quelle: McKinsey "The Social Ecoomy" (Zitat) |
Antwort: in den USA werden pro Jahr 12 Trillion Wörter
konsumiert. Das bedarf der Konvertierung, da die wenigsten von uns mit solchen
Summen operieren. Eine „Trillion“ im Amerikanischen kann man auch als 10 hoch
12 oder als eine 1 mit zwölf Nullen ausdrücken. Im Deutschen sagen wir dazu 1
Billion. Bemerkenswert ist die historische Entwicklung der unterschiedlichen
Konsumkanäle. Der Konsum von gesprochenen oder geschriebenen Wörtern in den
klassischen Kommunikationskanälen Telefon, Fernsehen, Post aber auch im
zwischenmenschlichen Dialog hat seinen Höhepunkt bereits um die
Jahrhundertwende überschritten. Seitdem geht die Nutzung dieser Kanäle deutlich
zurück, während gleichzeitig der Gesamtkonsum von Wörtern deutlich ansteigt.
Noch liegt der Wortanteil der sozialen Medien unter 10%. Allerdings kommen Zeitschriften und deren digitale Pedanten zunehmend unter Druck, was auch den Zeit-Artikel ein Stück weit erklärt, Das hohe generelle Zuwachstempo in den letzten 10 Jahren lässt darauf schließen, dass
sich die Dynamik unverändert fortsetzt. „Das
ist alles zu viel“ sagen die einen, während die Technologieführer mit
verfeinerter Technologie versuchen auf dieses veränderte Konsumverhalten von
hunderten von Millionen zu reagieren. In einer logischen Weiterentwicklung und
als Antwort auf den steigenden Konsum von geschriebenen Wörtern verzichtet
beispielsweise Microsoft in seiner neuesten Ausgabe seines Betriebssystems - Windows 8 - auf die Abbildung
von niedlichen Vögelchen oder Schafen vor Teletubby-Landschaften. Stattdessen
gibt es einen „cleanen Look“ und auf den Metro-Kacheln tummeln sich Nachrichten
und Statusmeldungen. Auch solche marginal erscheinenden Veränderungen werden dazu
beitragen, dass der Wortkonsum in den nächsten Jahren weiterhin steil nach oben
zeigt.
Zurück zur „Zeit“. Die Online-Ausgabe erreicht immerhin Platz 56 im
deutschen Traffic-Ranking
und bekommt auf Facebook noch 1.184
„gefällt das“.
Feiner Zug von McKinsey: die ganze Studie gibt es kostenlos als eBook.
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